Erfolg für diskriminierten Fitnessstudiobesucher in Aachen - Betreiber einer Sportstudio-Kette wegen rassistischer Geschäftspraxis verurteilt 

P r e s s e m i t t e i l u n g  

Stiftung "Leben ohne Rassismus"
29. Mai 2017


Aachen: Erfolg für diskriminierten Fitnessstudiobesucher - Betreiber einer Sportstudio-Kette wegen rassistischer Geschäftspraxis verurteilt

In zweiter Instanz hat das Landgericht Aachen den Betreiber einer Fitnessstudio Kette in der Städteregion Aachen wegen diskriminierender Vertragsbedingungen auf Grundlage des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zu einer Entschädigungssumme von 2.500,- € verurteilt (AZ: 2 S 26/17). 

Seit Dezember 2014 versuchte der Kläger M. mehrfach Mitglied im Fitnessstudio Easy Fit in Aachen zu werden. Zunächst verweigerte man ihm einen Vertragsabschluss aufgrund eines vorgetäuschten Aufnahmestopps für Männer, später hätte er Mitglied nur gegen Vorauszahlung der Beiträge für 1 Jahr werden können, was nicht den üblichen Vertragsbedingungen entspricht. In beiden Fällen erfolgte die Schlechterstellung wegen einer diskriminierenden Geschäftspolitik des Betreibers H. Dieser verteidigt sein Vorgehen: Er habe durch zahlungsunwillige Kunden, darunter viele männliche Migranten, erhebliche Zahlungsausfälle gehabt, weshalb er gezwungen sei, seinen Mitarbeiter*innen einen Kriterienkatalog für die Auswahl von Mitgliedern an die Hand zu geben. Er wehrt sich hartnäckig gegen den Rassismus Vorwurf, denn nicht wenige Mitglieder in seinen Studios haben ihres äußeren Erscheinungsbildes zufolge eine Migrationsgeschichte. 

In der Vergangenheit wurde H. wegen seiner diskriminierenden Geschäftspraxis bereits mehrfach zu Entschädigungen in Höhe von 500,- und 1.000,- € verurteilt, was ihn bisher nicht zur Einsicht bewegen konnte. Das Landgericht Aachen begründet deshalb die deutlich höhere Entschädigungssumme mit einer „in besonderem Maße verwerflichen Einstellung“. Bei der Bemessung der Schadensersatzhöhe ist neben der gesetzlich geforderten abschreckenden Wirkung außerdem zu berücksichtigen, dass H. „unmittelbar und vorsätzlich“ diskriminiert hat. 

Der Kläger wurde seit 2015 von Isabel Teller, Juristin, Mediatorin und Beraterin im Gleichbehandlungsbüro (GBB) des Pädagogischen Zentrums Aachen e.V. und der Rechtshilfe-Stiftung „Leben ohne Rassismus“ unterstützt. Das Phänomen diskriminierender Geschäftspraktiken durch Fitnessstudios beschränkt sich nicht allein auf Aachen, sondern ist ein Deutschland weites Problem, berichtet Isabel Teller. Sie begrüßt die Ausführungen des Landgerichts zur Schadenshöhe in der Urteilsbegründung und hofft, dass diese richtunggebend für vergleichbare Klageverfahren in der Bundesrepublik sind. 

Erklärtes Ziel des Klägers ist es, „die Gegenseite zu einer Änderung ihrer Geschäftspolitik zu bewegen“ und durch das Urteil eine abschreckende Wirkung auch für andere Fitnessstudio-Betreiber*innen zu erzielen. Die Entschädigungssumme aus dem Verfahren möchte er deshalb der Stiftung „Leben ohne Rassismus“ zur Verfügung stellen. 

Die Stiftung dankt Herrn M. für die Spende. Hierdurch unterstützt er die Fortführung der Arbeit der Stiftung und trägt auf diese Weise zu einer Verbesserung des Rechtsschutzes gegen Diskriminierung bei. 

Kontakt: Isabel Teller, Gleichbehandlungsbüro Aachen, Tel: 0241 406500 



Besprechung des Urteils von Doris Liebscher im JuWissBlog

Keine Frage der Ehre.
Ein neues Urteil diskutiert Kriterien für die Entschädigungshöhe in Diskriminierungsfällen – und vernachlässigt die Gleichheit

Deutliche Worte fand das Landgericht Aachen Ende Mai für Fitnessstudios, die systematisch Kund*innen aufgrund rassistischer Zuschreibungen ausschließen: Eine solche Praxis lasse „auf eine in besonderem Maße verwerfliche Einstellung schließen.“ Auch deshalb seien 2500,00 Euro Entschädigung angemessen. (zum Artikel...)

 

 

advd