Gesellschaft gegen Gewichtsdiskriminierung reicht Petition beim Bundestag ein

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Berlin, 7. Juni 2020 | Dienstelsitungen sollten möglichst allen Menschen zur Verfügung stehen. Ein Cuxhavener Hotel geht den gegenteiligen Weg und schließt in seinen Buchungshinweisen verschiedenste Gruppen aus: keine Kinder, keine Raucher_innen, nicht barrierefrei. In Bezug auf dicke Menschen heißt es “Aus Haftungsgründen weisen wir ausdrücklich darauf hin, dass das Interieur unseres Hauses für Menschen mit einem Körpergewicht von mehr als 130 kg nicht geeignet ist.“

Ein Servicehinweis für die Urlaubsplanung? Nein, denn auf den Haftungshinweis angesprochen, macht die Hotelbetreiberin in einem Interview mit Radio Bremen deutlich, wie sie dicke Menschen sieht: „Also ich finde es persönlich diskriminierend, dass ich so einen Anblick ertragen muss“ . Der Fall wurde im deutschen Sprachraum von mehr als 50 Zeitungen und Magazinen aufgegriffen und schaffte es sogar in die internationale Presse.

“Was in der Presse als einzelne Schlagzeile erscheint, ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs”, so die Gesellschaft gegen Gewichtsdiskriminierung. “Benachteiligungen von dicken Menschen sind in Deutschland an der Tagesordnung, sei es auf dem Arbeitsmarkt, bei der Wohnungssuche oder im Gesundheitswesen.” Die Gesellschaft gegen Gewichtsdiskriminierung (GgG) fordert daher einen wirksamen, gesetzlich verankerten Schutz vor Gewichtsdiskriminierung in privatrechtlichen Verhältnissen: die Erweiterung von § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) um den Diskriminierungstatbestand „Gewicht“. Der Antidiskriminierungsverband hat deshalb eine Petition im Portal des Petitionsausschusses des Bundestages gestartet.

Dazu der Antidiskriminierungsverband in seiner Pressemitteilung:

Diskriminierung anhand eines hohen Körpergewichts geschieht täglich, überall und sie betrifft immer mehr Menschen. Zu einem hohen Anteil findet sie im Bereich der privaten Wirtschaftsbeziehungen statt, also im Berufsleben, in den Bereichen Mobilität und Freizeit sowie Gesundheit und Pflege. 78 Prozent der erwachsenen deutschen Bevölkerung haben Vorurteile gegenüber dicken Menschen oder widersprechen diesen nicht, zeigt die Studie „Stigmatisierende Einstellungen zur Adipositas in der deutschen Bevölkerung“. In einer repräsentativen Umfrage von forsa im Auftrag der DAK gaben 15 Prozent an, dass sie bewusst Kontakt zu dicken Menschen meiden. Angesicht dieser Zahlen sieht die Bevölkerungsmehrheit Handlungsbedarf. In einer Studie der Universität Leipzig sprachen sich beispielsweise 60 Prozent der Befragten für einen Schutz vor Gewichtsdiskriminierung auf dem Arbeitsmarkt aus.

Bislang gibt es für dicke Menschen keine Möglichkeit, sich gerichtlich zur Wehr zu setzen. Sebastian Bickerich, Pressesprecher der Antidiskriminierungsstelle des Bundes gegenüber der Bild: „Nur wenn Übergewicht die Schwelle einer Behinderung erreicht, besteht Diskriminierungsschutz. Deshalb dürfte es für Betroffene schwer sein, unter Verweis auf das AGG gegen Bestimmungen wie in dem von Ihnen beschriebenen Hotel gerichtlich vorzugehen.“ Seine Empfehlung: „Der Gesetzgeber sollte prüfen, ob der in Deutschland recht eng gefasste Katalog der geschützten Merkmale ausgeweitet beziehungsweise präzisiert werden sollte.“

Dr. Friedrich Schorb, Forscher zum Thema Gewichtsdiskriminierung an der Universität Bremen und Beiratsmitglied der GgG, findet: „Dass man hier noch ungestraft diskriminieren kann, ist ein Skandal. Spätestens nach dem Cuxhavener Hotelfall brauchen wir einen gesetzlichen Schutz vor Gewichtsdiskriminierung.“

Pressekontakt

Gesellschaft gegen Gewichtsdiskriminierung e.V.
Natalie Rosenke
E-Mail info@gewichtsdiskriminierung.de
Mobil 0151 54769916

advd