Polizei und Justiz arbeiten nicht unabhängig! Dies bestätigt ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in dem Fall Basu v. Germany (Racial Profiling) 

Berlin, den 31.10.22
 
Polizei und Justiz arbeiten nicht unabhängig! Dies bestätigt ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in dem Fall Basu v. Germany (Racial Profiling) 
  
Am 18.10.2022 veröffentlicht der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in seinem ersten Urteil zu einem Fall von Racial Profiling in Deutschland, dass Deutschland seine Pflicht gegenüber den Artikeln 8 und 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verletzt und somit gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen hat. Klageführer ist Biplab Basu, Betroffener und Gründer der Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt (KOP). Wir gratulieren zu diesem bahnbrechenden Urteil, das ohne den unermüdlichen Kampf von Biplab Basu und KOP nicht möglich gewesen wäre!
 
Auf einer Zugfahrt 2012 werden Basu und seine Tochter seitens der Bundespolizei kontrolliert. Zu diesem Zeitpunkt sind sie die einzigen nicht-weißen Personen im Zug. Als Basu einen der beiden beteiligten Bundespolizisten darauf anspricht, erwidert dieser, dass es eine Stichproben-Kontrolle gegen “illegale Einwanderung” sei. Doch, so heißt es in der Pressemitteilung von KOP zum Urteil: “Biplab Basu und seine Tochter wurden von den Bundespolizisten aus rassistischen Gründen kontrolliert und kriminalisiert”. Basus Klage dagegen wird von den Gerichten in Deutschland abgewiesen. Dabei folgen diese internen Untersuchungen bei der Bundespolizei zum Vorwurf des Racial Profiling, die zu dem Ergebnis kamen, dass die Kontrolle legitim gewesen sei. 

Der EGMR erkennt in seinem Urteil im Fall von Basu vs Germany (Racial Profiling) an, dass Deutschland zur Ermittlung der rassistischen Diskriminierung gegen Biplab Basu nicht alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um mittels einer unabhängigen Stelle festzustellen, ob die Identitätskontrolle der Bundespolizisten rassistisch motiviert war.  
Auch für die Arbeit der unabhängigen Antidiskriminierungsberatungsstellen (ADB) hat dieses Urteil größte Relevanz bei der Beratung und Begleitung von Betroffenen von Racial Profiling und Rassismus.

“Wir werden in unseren Beratungsstrukturen zur Tragweite dieses Urteils informieren und es bei der Qualifizierung der ADB mitberücksichtigen, um eine bestmögliche Umsetzung des Urteils zu gewährleisten. Es stärkt unsere Arbeit und vor allem die Rechte der Betroffenen”, so Eva Andrades (Geschäftsführerin des advd) 

Eine weitere Botschaft dieses Urteils ist, dass nun dringlichst weitereichende strukturelle Änderungen anstehen. Wir solidarisieren uns hierbei auch mit den bestehenden Forderungen von KOP nach Abschaffung von Racial Profiling (§23 Abs.1 Nr. 3 Bundespolizeigesetz), der Einrichtung von unabhängiger Beschwerde- und Ermittlungsstellen sowie unabhängige Datensammlungen, die Aufschlüsse zu rassistischer Diskriminierung in der Polizeiarbeit geben.      


“Gut ist, dass das Thema Racial Profiling wieder aktuell ist und weitere Betroffene ermutigt werden juristisch vorzugehen. Die Debatte um unabhängige Ermittlungs- und Beschwerdestellen muss weiter vorankommen, denn Deutschland ist nun gefragt das Urteil konventionskonfrom umzusetzen. Gut ist auch, dass die unteren Gerichte nun gründlicher arbeiten und Zeug:innen anhören werden. Schlecht ist, dass der EGMR nicht geprüft hat, ob eine rassistische Diskriminierung tatsächlich vorliegt, obwohl er dazu befugt gewesen wäre. Schlecht ist auch, dass es bisher keine Reaktionen aus der Politik auf das EGMR Urteil gab”, so Biplab Basu (Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt (KOP))  

Pressekontakt: Nadiye Ünsal, 015906146613, nadiye.uensal@antidiskriminierung.org

advd